EINANDER ANNEHMEN

Offen gesagt ‒ das müssen wir aushandeln

Menschen in einem Sitzkreis

Wer bestimmt über Gummistiefel oder Blumen auf dem Altar? Beim zweiten Netzwerktreffen der Nordkirche nutzen 60 Teilnehmende aus der Nordkirche im Hamburger Forum Hafencity die Gelegenheit, um gemeinsam einen Blick auf Herausforderungen der Zusammenarbeit von Ehren- und Hauptamtlichen zu werfen. Mit dabei: die Psychoanalytikerin Renate Ritter.

Wer bestimmt über Gummistiefel oder Blumen auf dem Altar? Wie viel Raum bekommen Menschen, die neu hinzukommen? Wer gibt ihnen Raum und wie viel können sie sich nehmen?

Diese Fragen sind mächtig und bestimmen die Zusammenarbeit von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen. Beim zweiten Netzwerktreffen der Nordkirche nutzen 60 Teilnehmende aus der Nordkirche im Forum Hafencity in Hamburg die Gelegenheit, um gemeinsam nach Antworten zu suchen – Haupt- wie Ehrenamtliche, Prädikantin wie Mitglied der Kirchenleitung, Pröpstin wie Ehrenamtspastorin. Der Blick auf die Herausforderungen im gemeinsamen Dienst war ein wichtiger Schritt im Entstehen themenübergreifender Vernetzung. Dazu lud die Arbeitsstelle Ehrenamt der Nordkirche am Vorabend vom internationalen Tag des Ehrenamtes ein.

„Sie sind eine Werteinstitution, Sie halten Werte und stiften Identität“, so die Psychoanalytikerin Renate Ritter bei ihrem Impuls. „Trotzdem herrscht auch in der Kirche eine weltliche Gruppendynamik. Menschen, die sich in der Kirche engagieren, stellen die Frage der Legitimation und der Zugehörigkeit. Sie fragen: 'Wo ist mein Platz?' Und diese Frage bringt immer neue Dynamik mit sich.“ Renate Ritter sprach auch über Neid, Aggression und die Chance, die der Blick auf die gemeinsame Sache birgt. Nach ihrem Impuls ließ sie Hauptamtliche und Ehrenamtliche einander gegenüber Platz nehmen und begleitete das sich entwickelnde Gespräch, führte es mit unterbrechenden Fragen, Zusammenfassungen oder Beobachtungen.

„Ob ich durch mein Charisma, die Gabe, die Gott mir gegeben hat, oder erst durch ein Amt, das mir übertragen wird, in der Kirche mittun kann, das ist noch nicht und in keinem Fall eindeutig entschieden“, sagt ein Teilnehmer. „Doch alles ist möglich. Diese Unentschiedenheit ist Stärke und Konfliktquelle zugleich.“

Im Anschluss an das Netzwerktreffen erläutert Renate Ritter: „Das Miteinander von Haupt- und Ehrenamt ist sehr ambivalent und äußerst komplex. Wie sehr, das wird mir erst jetzt richtig bewusst: Wer hat das Sagen? Wer ist wie Trägerin einer Rolle? Wir hatten hier einen Resonanzraum, in dem Dinge ausgesprochen werden konnten. Manche Probleme sind nicht zu lösen. Ressonanzräume sind ein gutes Mittel, das Mitschwingende präsent zu machen und den Blick auf die gemeinsame Sache freizuhalten und sich Raum dafür zu verschaffen, wie viel Wert davon ausgeht.“

Für ein gutes Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen ist es also notwendig, immer wieder zu verhandeln, dann entsteht Offenheit. „Diese Offenheit brauchen wir auch für die Kirchenwahl 2016“, so Ulrike Brand-Seiß, die im Gemeindedienst und der Arbeitsstelle Ehrenamt die Kirchenwahl begleitet.

In der Nordkirche sind mehr als 80.000 Menschen ehrenamtlich engagiert. Viele Handlungsfelder in Kirche und Diakonie bieten Ehrenamtlichen Weiterbildung, Vernetzung und Beratung für ihren Bereich. Einige Kirchenkreise bieten über die einzelnen Themenfelder hinaus Vernetzungs-, Weiterbildungs- und Beratungsmöglichkeiten an.

„Ich habe heute gehört, wie mein Gegenüber empfindet und die Dinge wahrnimmt. Jetzt verstehe ich besser. Danke", so ein Teilnehmer am Schluss.

„Wie wichtig diese Vernetzungs- und Ressonanzräume sind, hat die Veranstaltung gezeigt. Lassen Sie uns daran im Netzwerk vernetzt weiter arbeiten“, schließt Dagmar Krok für die Arbeitsstelle Ehrenamt den Prozess.

Hier finden Sie eine ausführliche Dokumentation der Veranstaltung.